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Warum ich nicht an Göttinnen glaube

Nahezu täglich werde ich mit Blogbeiträgen, in Rundmails und Postings in Sozialen Netzwerken über Göttinnen konfrontiert.

 

Egal, ob (gerade jetzt zur dunklen Jahreszeit) die Cailleiach oder Brigid, Isis, Demeter, Lakschmi, Kali, Kwan Yin oder sonst eine Göttin, die weltweit angebetet werden, frau diese sich in ihr finden und mit ihr und/oder ihrer Energie verbinden soll - eins haben all diese "Göttinnenaufrufe" gemeinsam:

 

sie zementieren die Trennung!

 

Und das ist ein Resultat der Patriarchalisierung.

 

"Wieso das? Wenn ich an eine Göttin glaube, dann setze ich doch dem Patriarchat ganz klar eine Grenze?"

 

Nein, tust du nicht! Denn genau das will ja das Patriarchat! Es trennt dich von

 

  • deiner Mutter
  • dem Planeten Erde und
  • von dir selbst.

 

Wenn wir uns heute die "Venus"-Figuren aus dem Paläolithikum und Neolithikum ansehen, tragen sie leider einen durch und durch patriarchalen Stempel.

 

"Venus von...." ist schon sexistisch besetzt, denn Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Archäologie in ihren Kinderschuhen steckte und diese ausschließlich von männlichen Wissenschaftlern und interessierten Laien betrieben wurde, transportierten diese ihre viktorianischen und wilhelminischen Lebenswelten einfach auf die Vergangenheit. Max Dashu hat das in diesem Artikel genau analysiert (auf Englisch).

 

Es gibt auch einen deutschen Blogartikel einer bekannten Patriarchatskritikerin dazu, den ich hier leider nicht teilen kann (obwohl er inhaltlich soweit absolut korrekt ist), da sie selber die patriarchale Spaltung in "GOTT Mutter" weiter zementiert.

 

Aber, lasst und ganz am Anfang beginnen:

 

In den Anfängen des Patriarchats, als es sich selber so noch gar nicht nannte, mussten die "erwachten" Männer sich von dem Einfluss ihrer Mütter, Schwestern und Tanten, ihren Mutter- und Großmutter-Brüdern "befreien", denn die "Kuschelromantik" der Sippe war nicht mehr geeignet, um sich als Mann selbst in seiner Männlichkeit zu erhöhen.

 

Die Männer trennten sich von ihren Muttersippen und zogen mit ihren Rinder-, Schaf- und Ziegenherden als Hirtennomaden über die Steppen der Kaukasusregionen. Der Oxytocinmangel der daraus erfolgte, machte diese Männer empathieloser und gewalttätiger. Und es musste eine "Schöpfungsgeschichte" erfunden werden, der nicht mehr den natürlichen Kreisläufen der Natur entsprach.

 

Die Mütterbäuche in denen das (tierische und menschliche) Leben entsteht, wurden nur noch als Container, als Brutkasten oder Ofen betrachtet, die die männlichen "Samen, in dem der ganze Mensch (oder Tier) enthalten ist", auszubrüten haben.

 

Die natürliche Einheit von Mensch und Natur, in der alle Lebewesen gleichwertig und gleichberechtigt miteinander und voneinander lebten, wurde gewaltvoll getrennt. Der (männliche) Mensch lebte nicht mehr MIT der Natur, sondern VON der Natur. Er sah sich nicht mehr als Teil IN der Natur sondern als Teil AUSSERHALB der Natur, die er nun be-HERR-schen konnte. Denn er hatte durch die Arbeit mit den Herdentieren erkannt, was Zucht bedeutet - ein Stier oder Bock kann dutzende von Kühen, Schafen und Ziegen "befruchten".

 

Was hat das jetzt mit den Göttinnen zu tun?

 

Bevor das Patriarchat entstand, lebten alle Menschen MIT der Natur. Sie brauchten keine externalisierten Göttinnen oder gar Götter.

Die weiblichen Figuren, die seit über 200.000 Jahren immer wieder und überall auf der Welt gefertigt wurden, wurden niemals als externe, irgendwo anders lebende (Jenseits, Erde, Höhle usw.), von den Menschen getrennte, Wesenheiten gesehen.

 

Es waren (und sind) Darstellungen der ersten Mütter, der Ur-Ahninnen, die absichtslos und völlig natürlich die Blutslinie begründet haben.

 

Damit waren sie niemals externalisiert, denn im Blut jedes Menschen fließt auch heute noch dieses Blut der Ur-Ahnin. Ohne diese Ahn-Mutter wäre kein Mensch auf der Welt. Sie ist greifbar, erfahrbar und im persönlichen Leben integriert, denn ihre mitochondriale DNA fließt auch heute immer noch in unserer eigenen DNA.

 

Durch die (patriarchale) Trennung in "hier auf der Erde" und dem "Jenseits" im (Vater) "Himmel", trennten sich die frühen Patriarchen selbst aus dem natürlichen Kreislauf heraus.

Und: nicht mehr die Ahn-Mutter auf Erden wurde im eigenen Blut geehrt, sondern ein externer "Gott-Vater" musste in den Himmel gesetzt werden und der männliche "Same" war wirksamer, mächtiger und stärker als der "Mutterbauch".

 

Natürlich übernahmen so auch im Laufe der Zeit männliche Götter lokale Energieplätze (Heiligtümer). Allerspätestens zur Christianisierung wurden Erd-, Wasser- und Berg-"Heiligtümer" umgewandelt, Kreuze, Kapellen und Kirchen darauf und darüber gebaut. Die kosmische GeBärMutter-Höhle im All wurde zum Bereich des Himmelsgottes. Nur in Ägypten hielt sich die Sternenmutter NUT noch eine Weile (die übrigens in der Rune NOT/NAUTHIZ weiter lebt).

Über die "Erfindung der Götter" wurde schon viel geschrieben, doch fehlt mir persönlich die Erkenntnis, dass eben auch der Glaube an Götter und Göttinnen ein Symbol des patriarchalen Dualismus ist (oben unten, gut böse, hell dunkel, männlich weiblich, usw...).

 

Genauso wenig wie die prähistorischen Figurinen "Venus"-Darstellungen sind, sind sie auch keine Göttinnen oder "GOTT (die) Mutter"-Darstellungen.

 

Sie sind - ganz simpel - Darstellungen der Ahn-Mütter, die die Sippe (und damit auch uns) absichtslos und völlig natürlich "gegründet" haben.

 

Daher kann ich die ganze "Göttinnen"-Spiritualität auch nicht mittragen oder gar befürworten, würde ich damit doch selber nur die Trennung, Spaltung und den Dualismus des Patriarchats weiter betreiben.

 

So wenig wie es einen Gott (oder Götter) gibt, so wenig gibt es eine Göttin (oder Göttinnen). Sie sind alle Produkte der patriarchalen Spaltung und Verkehrung.

 

Der Trennung aus dem natürlichen Kreislauf des Lebens (und Sterbens)

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Asa (Sonntag, 14 November 2021 16:01)

    Liebe Susanne-Solveigsdotter, du sprichst mir aus dem Herzen! Vielen Dank für diesen Beitrag!!! Ich laboriere seit einem Jahr an diesem Thema herum und komme irgendwie nicht drauf, was genau es ist und jetzt schreibst du es einfach in ein paar Sätzen hin:-) Eine herzliche Umarmung aus Ostösterreich