· 

Drei Höhlen im Lonetal

Das Lonetal liegt ca. 25 km Nordöstlich vom Achtal und dem Blautopf entfernt auf der Albhochebene bei Niederstotzingen. Auch der Muschelweg läuft hier entlang bis nach Finisterre in Spanien.

 

Die Lone ist, im Vergleich zu Ach und Blau, ein kleines Bächlein, das heute fast nur noch unterirdisch fließt. Zu prähistorischer Zeit vor gut 45.000 - 15.000 Jahren war sie ein kleiner Fluß, der sich durch die sanften, nördlich und südlich gelegenen Hügel dahin schlängelte. Auch das Lonetal mit seinen drei Höhlen gehört heute zum UNESCO-Weltkulturerbe.

 

Auf insgesamt gut 3 Kilometer finden sich drei bemerkenswerte Höhlen mit außerordentlich interessanten Funden aus der Steinzeit: die Vogelherdhöhle, der Hohlestein und die Bocksteinhöhle.

Die Vogelherd-Höhle

 

Die Vogelherd-Höhle kann man heute nur über den Archäo-Park besuchen.

Die Höhle hat insgesamt 3 Eingänge, einer ist aber mittlerweile so klein, dass man ihn nicht  benutzen kann. Obendrein ist er mit einem Gitter versperrt.

Der Hügel, in dem sich die Eingänge zum Vogelherd befinden, ist halbkugelig rund und erinnert an einen weichen Mutterbauch.

Der Archäo-Park ist eine Mischung aus Disney-Land, experimenteller Archäologie und Steinzeit-LARP.

 

Auf einem Rundweg werden Fragen zur Prähistorie, zur archäologischen Forschung und zur Flora und Fauna der Eiszeit gestellt. Die Antworten findet man dann ein paar Meter weiter in Stein gemeißelt. 

 

Leider dominiert auch hier wieder der androzentrische Mythos des eiszeitlichen Jägers, der bereits patriarchal aufgestellt war und in der typsichen neuzeitlichen Kleinfamilie (Vater, Mutter, Kinder) hauste. Schade, dass man hier verpasst hat, mal über den kleingeistigen Horizont hinaus zu schauen und wirklich interdisziplinär nach ursprünglichen Sozialstrukturen zu suchen, die bis heute überlebt haben.

 

Ganz besonders wichtig wäre das für Kinder, zumal sich der Archäopark eben auch hauptsächlich an diese wendet.

Wofür aber die Vogelherdhöhle (und auch die Hohlestein- und Bocksteinhöhle) berühmt geworden sind, sind die einzigartigen Kleinplastiken, die durchweg Tiere und einige wenige, antropomorphe Figuren darstellen.

 

Die Höhlen wurden zwar schon von den Neandertalern genutzt, aber erst die modernen Menschen haben hier über einen Zeitraum von mindestens 20.000 Jahren   eindrucksvolle Zeugnisse hinterlassen.

 

Obendrein wurden noch Unmengen an Perlen aus Elfenbein, sowie Bruchstücke von Flöten aus Vogelknochen gefunden.

Zu den Tierfiguren die gefunden wurden, zählen hauptsächlich Löwen, Pferde, Bison/Auerochsen, Bären sowie vermutlich ein Igel und ein Fisch.

 

Alle Tierplastiken haben kreuzweise Einkerbungen an den Körpern, sein es auf den Rücken, den Seiten, den Fußsohlen oder am Kopf. Auch Punktreihen auf den Körpern sind recht häufig. Da sich die Wissenschaft hier noch nicht im Klaren darüber ist, was diese "ornamentalen" Verzierungen zu bedeuten haben, können wir ihr hier ja gerne mal ein bisschen auf die Sprünge helfen:

 

Das X, oder moderner Andreaskreuz, ist seit Anbeginn der Menschheit ein Symbol für das Geschenk des Lebens, die Wiedergeburt.

 

Die bisher älteste, derartige "Verzierung" wurde auf einem ca. 77.000 Jahre alten Rötelstein in der Blombos-Höhle in Südafrika gefunden. Wie wir wissen, haben unsere AhnInnen sich selbst, Schmuckstücke und auch ihre Verstorbenen mit Rötel bemalt, denn roter Ocker ist das "Blut" von Mutter Erde. Als Behälter für die Paste, die aus dem Rötel hergestellt wurde, dienten Abalone-Muscheln, die ebenfalls in der Blombos-Höhle gefunden wurden.

 

Die Muschel als Ur-Symbol für das Weibliche, den weiblichen Schoß, die Vulva, aus der entweder das lebensspendende Menstruationsblut oder das lebende Kind entspringt. Und da unsere AhnInnen innig mit ihrem Blut als lebensspendende Kraft verbunden waren, war es nur natürlich, alle Dinge die mit dem Leben und Über-Leben zu tun hatten, ebenfalls mit der magischen Farbe Rot zu bemalen.

Wie oben erwähnt, hat die Vogelherdhöhle drei Eingänge, die sich nach Norden, Süden und Südwesten öffen. Drei Höhleneingänge, die die Stadien des Lebens (Kindheit/Jugend, Erwachsene, Alte), sowie die drei Phasen der Mondin (Dunkelmond, Wandelmond und Vollmond) symbolisieren, sowie jede Menge Tierplastiken mit Wiedergeburtssymboliken.

 

Hier haben nicht einfach eiszeitliche Jäger gelagert und "Jagdmagie" betrieben, wie es sich die Archäologie in ihrer Androzentriertheit seit dem 19. Jahrhundert schön redet. Hier befand sich ein matrifokales Heiligtum, in dem für das Leben der Tiere und ihre Wiederkehr aus dem Bauch von Mutter Erde gebeten und für diese Tiere symbolische Plastiken hinterlassen wurden.

Die Hohlestein Höhle

 

Gut eineinhalb Kilometer Loneabwärts befindet sich am südichen Talrand der Hohlestein mit den beiden Eingängen Stadel und Bärenhöhle.

 

In der Stadel-Höhle wurden schon seit dem 19. Jahrhundert Grabungen gemacht und man konnte feststellen, dass hier bereits Neandertaler lebten.

 

Es wurden an einigen Stellen menschliche Knochen und drei Schädel aus dem Mittelpaläoltihikum gefunden. Diese Schädel gehörten einer Frau, einem Mann und einem Kind. Alle drei wiesen Verletzungen am Schädel auf. Das bloße Auffinden von Schädeln eines Mannes, einer Frau und eines Kindes, bedeutet allerdings nicht, dass es sich hier um eine "Familie" im heutigen Sinne handelt, wie es sich das Ulmer Museum in der aktuellen Ausstellung erträumt. Hier sollte die Wissenschaft mal die DNA der Zähne vornehmen. Dann wird sich - oh Wunder - herausstelllen, dass entweder alle drei Personen miteinander verwandt waren (Bruder, Schwester, Kind der Frau) oder das Kind mit keinem der Erwachsenen verwandt war.

 

In einer Grube nahe dem Eingang wurden noch Knochen von insgesamt 54 Menschen aus der Jungsteinzeit gefunden, die hier aber als Sekundärbestattung vergraben wurden.

 

Auch hier fanden die Archäologen Schmuckperlen, Steinwerkzeuge und Mammutelfenbeinsplitter.

Die Stadelhöhle hat einen kleinen Vorplatz und einen weiten Überhang, der gut zum Lagern einlädt.

 

Leider kann man heutzutage die Höhle nicht komplett besuchen, ein Gittertor versperrt einige Meter weiter im Innern der Höhle den Durchgang.

 

Da man hier im Stadel die Elfenbeinsplitter fand, die sich zum weltberühmten "Löwenmenschen" zusammen setzen ließen, haben sich die Verantwortlichen einen Gag ausgedacht: durch einen Bewegungsmelder im Innern der Höhle aktiviert sich ein kleiner Scheinwerfer, der eine Replik des Löwenmenschen beleuchtet, die sich hinter dem Gittertor befindet.

 

Da auch im Hohle Fels bei Grabungen eine kleine Löwenmensch-Figur, die der selben Zeitebene zuzuordnen ist, gefunden wurde, geht man davon aus, dass Löwen für die Menschen der Albhöhlen eine besondere Bedeutung hatten.

Nur wenige Meter rechts unterhalb der Stadelhöhle liegt der Zugang zur Bärenhöhle.

 

Hier hat Oscar Fraas 1861 zuerst jede Menge Bärenknochen gefunden. Erst einige Jahre später erkannte er, dass tatsächlich auch eiszeitliche Menschen in den Höhlen gelebt hatten.

 

Auch hier ist heute der weitere Durchgang in das Innere der Höhle, zum Schutz für Fledermäuse, von einem Gitter versperrt.

 

Ich habe es mir allerdings nicht nehmen lassen, in beiden Höhlen zu singen:

Bärenhöhle: Song for Grandmother Stone

Stadelhöhle: Song for the Ancestress

Die Bocksteinhöhle

 

Die Bocksteinhöhle liegt weitere drei Kilometer Loneabwärts und besteht aus mehreren Höhlen und Überhängen.

 

Da man im 19. Jahrhundert nicht zimperlich mit Grabungen war, hatte man einfach einen  Zugang in den Fels gesprengt. Erst später wurde der ursprüngliche, eiszeitliche Eingang gefunden.

 

In der Bocksteinhöhle wurden die Skelette einer Frau und eines neugeborenen Kindes gefunden, die auf ca. 6.300 vuZ datiert wurden, den gleichen Zeitraum, in dem auch die Schädelbeisetzungen im Hohlestein datiert werden.

Die Bocksteinhöhle ist sehr bröckelig mit vielen Öffnungen nach oben und wurde, wie die anderen Höhlen des Lonetals, schon von Neandertalern genutzt.

 

Da die Eingänge recht weit oben in den Kalksteinformationen liegen, hat man einen schönen Ausblick über das Lonetal und die gegenüber liegende Albhochfläche.


Wenn wir uns nun das gesamte Gebiet - Lonetal, Achtal und -topf, sowie  Blautopf im prähistorisch-sozialen Kontext ansehen, erfahren wir, dass unsere AhnInnen hier nicht nur gelebt, gejagt und gesammelt haben, sondern hier ihre Religion des Lebens und der Wiedergeburt durch das Weibliche, sowohl in den Höhlen und Quellen für Mutter Erde, in den Tiermüttern und in den Menschenmüttern, gefeiert haben.

 

Als Ausdruck ihres tiefen Verständnisses der Lebenszyklen wurde ein ganzer Zoo aus Mammutelfenbein erschaffen, sowie die Ur-Mutter vom Hohle Fels, die Löwenmenschenfiguren und der/die "AdorantIn" und einige Flöten, sowohl aus Vogelknochen wie aus Mammutelfenbein, deren Töne und Melodien die Höhlen zum klingen brachten.

Mammutelfenbein ist sehr schwierig in der Verarbeitung und, bedingt durch seiner schichtartigen Struktur, die Baumringen nicht unähnlich ist, ein kostbares Material. Elfenbein wurde hauptsächlich auf Elefantenfriedhöfen gefunden und weniger gejagt und die riesigen, gebogenen Stoßzähne der Mammuts erinnern, auch in deren heller Farbe, dem Sichelmond. Die mehr als drei Meter langen Stoßzähne dienten auch z. B. als Zeltstangen für das Lager.

 

Mammuts, waren, wie die heutigen Elefanten immer noch, matrifokal sozialisiert - die Herden setzen sich aus den Weibchen jeden Alters zusammen, die Jungbullen verlassen nach der Geschlechtsreife die Muttersippe und wandern in deren Nähe.

 

Und erst ca. 15.000 Jahre nach der Fertigung der kleinen Skulpturen in den Höhlen der Schwäbischen Alb wurden Mammuts in den südfranzösischen Höhlen als Wandmalereien verewigt.


Hier geht es zu Teil 1 dieser Höhlentour: Ach-Ursprung und Blautopf

Hier geht es zu Teil 2 dieser Höhlentour: Drei Höhlen im Achtal

 

Du möchtest mehr über mich und meine Arbeit wissen?

Dann schau doch mal auf meiner Webseite vorbei: Hier klicken!

Oder hör dir meinen Podcast an - auf Spotify und auf Youtube! Wichtig - bitte abonnieren, dann bekommst du immer eine Benachrichtigung, wenn es Neuigkeiten gibt. Danke dir!

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0